RWE setzt auf Wasserstoff

Wasserstoff
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Es besteht Hoffnung, am Blackout vorbeizukommen

Das RWE – Rheinisch-​Westfälisches Elektrizitätswerk – war vor dem EU-​Liberalisierungs- und Privatisierungswahn der historische Stromversorger in großen Teilen Deutschlands und in Luxemburg und das dortige Pumpspeicherkraftwerk Vianden funktionierte als Regelkraftwerk für Spitzenstrom in dessen Netz. Das war eine Zusammenarbeit auf langfristiger Vertragsbasis, während heute Strom auf der Börse gehandelt werden muß, weil das so gewünscht ist vom Finanzkapital, dessen Wünsche untertänigst von der EU-​Kommission in die Wirklichkeit umgesetzt werden.

Stromlieferverträge – egal ob lang‑, mittel- oder kurzfristig – laufen jetzt zumeist über die Leipziger Strombörse. Dort sind Schnäppchen bei Überangebot genauso möglich wie böse Überraschungen bei knappem Angebot, wenn schnell nachgekauft werden muß für einen Bedarf, der über lang- und mittelfristige Lieferverträge hinaus geht. Es hat immer etwas Spekulatives, wenn »Börse« dabeisteht, und Spekulationen laufen selten gut für Kleine. »Die Bank gewinnt immer«, gilt nicht nur im Spielcasiono – und jede Börse hat viel von einem solchen.

Die blöde Physik

Nun braucht ein Stromnetz, um konstant um die 50 Hz zu pendeln – etwas Unverzichtbares zur Vermeidung von Blackouts – Taktgeber, die kräftig genug sind, damit sich die anderen Einspeiser daran orientieren können. Zur Zeit wird das noch von Braunkohle- und Atomkraftwerken erledigt, weil diese nur wirtschaftlich funktionieren, wenn sie ständig voll laufen.

Diese sollen nun aber kurzfristig abgeschaltet werden. Das wird gefährlich, wenn nicht davor dafür gesorgt ist, daß ein alternativer Taktgeber bereitsteht. Das ist ganz besonders wichtig für Windenergie und Photovoltaik, die ausgebaut werden sollen, aber den fürchterlichen Nachteil haben, über Wechselrichter einzuspeisen. Diese fragen Spannung und Frequenz im Netz ab und speisen exakt zu diesem Wert ein. Sie können folglich weder zur Stabilisierung noch zum Wiederanfahren eines zusammengebrochenen Netzes dienen.

Da sich Brennstoffzellen in Serie schalten lassen, könnte der alternative Taktgeber, der keine Treibhausgase ausstößt, auf Wasserstoff-​Basis funktionieren. Das aber muß von irgendwem gemacht und von der Regierungspolitik unterstützt werden, was aktuell nicht ausgemacht ist. Da entsteht daher womöglich ein Problem für eine abgesicherte Stromversorgung, die in unserer modernen, total elektrifizierten Gesellschaft unabdingbar ist. Ohne Strom entsteht das absolute Chaos und nichts geht mehr.

Hoffnungsschimmer kann beruhigen

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, wenn vom RWE die Erklärung kommt, Wasserstoff biete für die Industrie wie für das RWE ein großes wirtschaftliches Potential beim Wechsel des Energieträgers zur Dekarbonisierung. Wobei zu hoffen ist, daß am Ende nicht zu wenig CO2 da ist für die Pflanzen, die sonst verhungern – aber das ist eine andere Diskussion.

RWE sieht sich als führender Stromerzeuger aus erneuerbaren Quellen und erklärt, den nötigen sauberen Strom für die Herstellung von grünem Wasserstoff liefern zu können. RWE habe auch die nötige Expertise, um selbst grünen Wasserstoff zu erzeugen. Diesen könne RWE zudem international handeln – also kaufen und verkaufen. Dort, wo bisher Gas gelagert wurde, kann RWE künftig Wasserstoff zwischenlagern – schließlich braucht es Reserven, und Wasserstoff kann im Gegensatz zu Strom leicht und problemfrei gespeichert werden. Von Vorteil ist das natürlich, wenn dafür keine neuen Investitionen nötig sind dank Umnutzung bestehender Gas-​Infrastruktur. RWE hat sich selbst zum Ziel gesetzt, bis 2040 Klimaneutralität auf Treibhausgas-​Basis zu erreichen.

Es besteht also Hoffnung. Nicht nur, daß die Industriellen in der BRD die Zeichen der Zeit erkannt haben, sondern auch bereit stehen zur Umsetzung. Hoffen wir, daß sie in der Lage sind, die grünen Chaoten in die Schranken zu weisen, um den Blackout zu verhindern mit den entsprechenden Investitionen in Wasserstoff-Taktgeber.

Diese Zusammenstellung von Industrie-​Allianzen für eine Wasserstoff-​Zukunft stammt vom RWE. Zwischen Belgien, Frankreich und der BRD gibt es da einen weißen Fleck, der nicht beteiligt ist. Das muß sich ändern, denn im Gegensatz zu zum Beispiel der Schweiz, die auch weiß angemalt ist als Nicht-​EU-​Land, läuft in Luxemburg wirklich nichts Konkretes zum Thema.

10 thoughts on “RWE setzt auf Wasserstoff

  1. »Es besteht also Hoffnung. Nicht nur, daß die Industriellen in der BRD die Zeichen der Zeit erkannt haben, sondern auch bereit stehen zur Umsetzung.«
    Letztlich würde ein Blackout auch gesellschaftliche Unruhe und kleines Chaos mit sich bringen. Prinzipiell keine schlechte Ausgangslage für Menschen, die eine grundsätzlich andere Gesellschaftsform (klassenlose Gesellschaft) anstreben.
    Die Hoffnung darf sich niemals an die Kapitalistenklasse wenden, sondern immer nur auf die Selbstaktivität der Arbeiterinnen und Arbeiter.

    1. Werter Freund, denk mal drüber nach, in welche existentiellen Probleme Du kommst, wenn kein Strom da ist. War im Mittelalter kein Problem, am Anfang des immer noch real existierenden Kapitalismus auch nicht, heute aber schon. »Zuerst kommt das Fressen, dann kommt die Moral«, hat mal wer gesagt (ich hasse Quellenangaben), und wenn Deine Sorge nur noch ist, etwas in den Magen zu kriegen, bist Du für alles andere unerreichbar. In dem Fall haben wir ausnahmsweise gemeinsame Interessen wider die grünen Chaoten mit gewissen Kapitalfraktionen. Die Welt ist nicht schwarz/​weiß, sie kennt viele Grau- und andere Farbtöne. Also: immer auf zu neuen Siegen, vergessen wir die blöden Gesetze der Physik nicht!

  2. Nö, ich habe 100 Prozent und ganz gewiss überhaupt kein (also 0 Prozent!) gemeinsames Interesse mit irgendeiner Kapitalfraktion.
    Natürlich wäre ein großer Stromausfall nicht lustig und würde etliche Probleme und Gefahren mit sich bringen. Aber für die Herrschenden würde ein solches Ereignis natürlich auch ein Legitimationsproblem mit sich bringen: »Hoppla, der Kapitalismus stürzt uns ständig in tiefere Krisen. Vielleicht sollten wir mal ernsthaft gesellschaftliche Alternativen umsetzen?!«
    Aber natürlich hast du recht, dass sich Notlagen nicht zwangsläufig in irgendeiner Weise positiv auf gesellschaftliche Entwicklungen auswirken, sondern auch negatives bewirken. Hier kommt es dann aber auf die konkreten Kräfteverhältnisse an.

    1. 1) Das Kräfteverhältnis für eine sozialistische antikapitalistische Revolution ist momentan gar nicht gut. Wobei wir ein sehr großes Interesse daran haben, die Macht nicht zu übernehmen, wenn alles kaputt ist.
      2) Selbst aus der Corona-​Diktatur kommen wir ohne Allianzen mit allen möglichen Willigen nicht raus. Die Frage ist, wie intelligent wir dabei sind und wie gut wir argumentieren.
      3) Lieber T., denk mal etwas mehr über die Folgen eines Blackout nach. Natürlich gehört dazu auch der Ausfall der staatlichen Überwachungsinfrastruktur, aber blitzartig gibt es keine funktionierende Kasse mehr, keine funktionierende Pumpe von Tankstelle bis Wasser- und Abwasserwerk, kein Wasser mehr nach 24 Stunden, keine funktionierende Heizung, alles Tiefgefrorene taut auf … Ach ja, um ein Einfamilienhaus energieautark zu machen, ist mit einer Investition von 90.000 € zu rechnen.
      4) Eine funktionierende Wirtschaft ist aktuell ein gemeinsames Interesse auf beiden Seiten.

  3. 1) Solange wir den Kapitalismus haben gibts keine Hoffnung!
    Sowohl PV und WKA müssten stark weiter ausgebaut werden, jeweils ein Zubau von 10 – 15 GW pro Jahr. Ich halte das für die aktuellen Regime der BRD unrealistisch. H2 ist nur ein Energieträger, auch Strom kommt nicht aus der Steckdose sondern muß i‑wo erzeugt werden.

    Hoffen tu ich auf die sozialistische Revolution und neue Techniken wie LENR und ZPE. Am 9.12.21 führt A.Rossi u.a. seinen Prototypen zur Stromerzeugung vor, der aktuell noch in der laufenden Zertifizierung ist (dauert ca 1 Jahr). Technische Daten dazu wird es bei der Präsentation geben.
    https://e‑catworld.com/display-posts/ und https://​ecat​.com/
    Man kann nur hoffen daß es so kommt wie beschrieben und Strom/​Heizstrom/​Fahrstrom künftig dezentral erzeugt werden kann – ohne Energiekonzerne und Stromnetze. Ich bin gespannt.

    1. Ich bin dabei bei der sozialistischen Revolution, leider sieht es aber nicht so aus, als wären wir genug, um das durchzusetzen.

      Die BRD importiert aktuell 73% der Energie, die sie verbraucht. Es ist eine Illusion zu glauben, Autarkie im Energiebereich werde möglich mit Photovoltaik und Windenergie. Deutschland wird auch in Zukunft Energie importieren müssen. Wenn das keine fossilen Energieträger sein sollen, bleibt nur Wasserstoff. Der läßt sich ebenso leicht transportieren wie Erdöl, und es gibt erheblich begünstigtere Orte, um ihn zu erzeugen. Der aktuelle saudische Energieminister, übrigens ein Prinz aus der Herrschaftsfamilie Saud, hat z.B. angekündigt, Saudi-​Arabien werde sein ganzes Potential an Sonnenenergie nutzen, um ein verläßlicher Lieferant von grünem Wasserstoff für die Welt zu werden. Es ist schon schlimm, wenn solche Leute vorausschauender sind … wobei das an die Antwort des damaligen saudischen Energieministers erinnert, der in den 70er Jahren des 20.Jh. auf die Frage, wie lange er glaube, daß es noch Erdöl geben werde, das Steinzeitalter sei nicht aus Mangel an Steinen zu Ende gegangen, das Erdölzeitalter werde auch nicht aus Mangel an Erdöl zu Ende gehen.

      1. Das stimmt so nicht. Die Angabe der Primärenergie ist irrelevant. Auch die der Endenergie.
        Ein Gas-​/​Kohlekraftwerk braucht ca 200% Energie um die nötigen 100% Energie zu erzeugen. Eine Wärmepumpe braucht aber nur 20 – 25% um diese 100% Energie zu erzeugen.
        Lies auch bitte die Studie der HTW Berlin wie 100% EE erreicht werden können. Online zu finden.
        Was H2 betrifft wird Russland günstiger produzieren können, zB mit schon jetzt geplanten neuen riesigen Gezeitenkraftwerken.
        Dennoch, wenn es mit LENR und ZPE klappt ist alles andere zu teuer.

        1. Tut mir leid, ich verstehe nicht, was so nicht stimmen soll. Willst bestreiten, die BRD importiere 73% der Energie, die gebraucht wird? Willst bestreiten, es sei illusorisch, ohne Importe auskommen zu können?
          Wärmepumpen können nicht unbeschränkt eingesetzt werden, da wurde stellenweise schon der Ausbau gestoppt, weil’s zu Erdbeben kam.
          Und was willst mit Sachen, die vielleicht klappen, vielleicht auch nicht. Bis 2030 lassen sich nur Sachen verwirklichen, die bereits heute klappen.

          1. Ich verstehe daß du nicht verstehen willst. Erneuerbare bzw Alternative müssen nicht sämtliche Energie die hier aktuell benötigt wird ersetzen. Wärmepumpen erzeugen keine Erdbeben, schon gar keine LW-​WP. Recherchiere doch einfach nach der Definition von Primärenergie, vielleicht verstehst du dann mehr.
            Und wenn du die Alternativen nicht kennst wirst du das auch nicht beurteilen können.

  4. Werter Freund, Du wirst mir doch nicht glauben machen wolle, die in Deinem Link angepriesene Wunderlampe werde 73% der heute benötigten Primärenergie – nämlich jene, die die BRD importiert – überflüssig machen.
    Was die liebe Geothermie anlangt, schau doch mal nach, was im Dezember 2006 in Basel stattfand. Das hat sogar zu einer Bürgerinitiative geführt, die penibel auflistet, wo es überall gewackelt hat wegen solcher Spässe: http://​alternative​-energiequellen​.info/​d​a​s​-​e​r​d​b​e​b​e​n​r​i​s​i​k​o​-​v​o​n​-​g​e​o​t​h​e​r​m​i​e​-​a​n​l​a​g​en/

    Und noch einmal: Alternativen, die irgendwann kommen, helfen im Augenblick nicht weiter. Und Wunderlampen können dazu dienen, ein klitzeklein weniger zu verbrauchen, sie helfen aber auch nicht dabei, ein Stromnetz im Takt zu halten, was Wasserstoff, entsprechend eingesetzt, leisten kann.

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