Welt – wohin?

Diego Rivera, Man, Controller of the Universe
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Seit nahe­zu ein­ein­halb Jah­ren kön­nen inter­es­sier­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger beob­ach­ten, wie anfangs ahnungs­lo­se poli­ti­sche Ver­ant­wort­li­che Zug um Zug in die Rol­le von Seu­chen­trei­bern hin­ein­ge­wach­sen sind. Die Ver­brei­tung von Angst ist gene­rell zum Geschäfts­mo­dell gewor­den, aus dem füh­ren­de Phar­ma-Kon­zer­ne sowie die Kon­troll­in­dus­trie ihre Mega­ge­win­ne erzie­len. In punk­to Fak­ten­la­ge wur­de die anfäng­li­che Ahnungs­lo­sig­keit durch ein nicht nach­voll­zieh­ba­res Wirr­warr sich stän­dig ändern­der Ver­ord­nun­gen und Geset­ze ergänzt. Zur Gewiss­heit ist mitt­ler­wei­le auch gewor­den, dass die­ser Zustand nach Druck­le­gung des Buches wei­ter anhal­ten wird.

»Schö­ne Neue Welt 2030« über­schreibt Her­aus­ge­ber Ull­rich Mies sein neu­es Werk. Als er mich Ende 2020 gebe­ten hat, dazu ein Vor­wort zu ver­fas­sen, wünsch­te ich mir ins­ge­heim, der mitt­ler­wei­le lang andau­ern­de auto­ri­tä­re Cha­rak­ter des soge­nann­ten Coro­na-Manage­ments in unse­ren Staat­lich­kei­ten wür­de sich bis zum Erschei­nen des Buches im Herbst 2021 auf­ge­löst oder zumin­dest abge­schwächt haben. Dies hät­te dem Buch­ti­tel auch eine ande­re als die an Aldous Hux­leys Roman ange­lehn­te Aus­sa­ge­kraft gege­ben. Die Welt hät­te schön und neu sein kön­nen. Die Wirk­lich­keit hat mich ent­täuscht, mehr als ent­täuscht: sie macht mich fas­sungs­los, mein Gemüts­zu­stand pen­delt zwi­schen zer­schla­gen und zornig.

Die Trieb­kraft ist das Kapital

Die Dys­to­pie, in der wir alle seit März 2020 leben, hat eine rea­le Grund­la­ge. Es ist die Trieb­kraft unse­res Wirt­schafts- und Gesell­schafts­mo­dells – das stän­dig Anla­ge suchen­de und nach Pro­fit stre­ben­de Kapi­tal. Dar­an hat sich seit Jahr­zehn­ten, wenn nicht seit Jahr­hun­der­ten, nichts geän­dert. Was sich geän­dert hat, ist die unglaub­li­che Kon­zen­tra­ti­on die­ses Kapi­tals, eine Kon­zen­tra­ti­on in immer weni­ger Hän­den. Die schie­re Quan­ti­tät pri­vat ange­häuf­ter Geld­macht nimmt einem den Atem, umso mehr, wenn man sich ansieht, in wel­cher Rasanz die­se Akku­mu­la­ti­on passiert.

Führ­te im Jahr 2017 der in vie­len Bran­chen inves­tier­te Micro­soft-Grün­der Bill Gates noch mit 75 Mrd. US-Dol­lar die Lis­te der welt­weit reichs­ten Män­ner an, so steht nur vier Jah­re spä­ter, am Stich­tag des 13. Juli 2021, Ama­zon-Erfin­der Jeff Bezos mit 212 Mrd. US-Dol­lar an der Spit­ze die­ser obs­zö­nen Lis­te. Gates konn­te in den ver­gan­ge­nen vier Jah­ren sein Ver­mö­gen von 75 Mrd. auf 129 Mrd. US-Dol­lar stei­gern, Bezos pro­fi­tier­te mit sei­ner um ein Ver­sand­haus grup­pier­ten Kon­zern­grup­pe von den staat­lich ver­ord­ne­ten Lock­downs am aller­meis­ten. Er ver­fünf­fach­te sei­ne Wer­te auf 212 Mrd. US-Dol­lar. Damit ver­fügt er über mehr Mit­tel als die Jah­res­ein­nah­men von Staa­ten wie Nor­we­gen, Öster­reich, der Tür­kei oder Sau­di-Ara­bi­en bezie­hungs­wei­se über zehn Mal so viel wie Slo­we­ni­en, Bul­ga­ri­en oder Uruguay.

Auch Figu­ren wie Ber­nard Arnault (u. a. Luxus­gü­ter-Kon­zern Moët Hen­nes­sy – Lou­is Vuit­ton), Elon Musk (u. a. Tes­la, Pay­Pal) und Mark Zucker­berg (Face­book) kön­nen ihr Ver­mö­gen mit staat­li­chen Bud­get­rah­men mes­sen, die die Jah­res­ein­nah­men von Isra­el oder Tai­wan über­stei­gen. Ent­spre­chend groß ist ihr wirt­schaft­li­cher und eben auch ihr poli­ti­scher Akti­ons­ra­di­us. Jen­seits der Mil­li­ar­dä­re erwei­sen sich die gro­ßen Kapi­tal­sam­mel­stel­len wie Black­Rock, Van­guard etc. als die Big Play­er. Allein Black­Rock ver­fügt 2021 über eine Inves­ti­ti­ons­power von 9,5 Bil­lio­nen US-Dol­lar. Alle zusam­men über min­des­tens 100 Billionen.

Die ewi­ge Sor­ge der Super­rei­chen gilt der Ver­meh­rung ihres Reich­tums bezie­hungs­wei­se wie sie es bewerk­stel­li­gen kön­nen, dass ihr Kapi­tal – zynisch und men­schen­ver­ach­tend gespro­chen – pro­fi­ta­bel »arbei­tet«. Da tra­di­tio­nel­le Märk­te zuneh­mend »ver­stopft« sind (wir blei­ben bei der Dik­ti­on ihrer Krei­se und Medi­en), her­kömm­li­che Indus­trie­zwei­ge kei­ne ent­spre­chen­de Ren­di­te abwer­fen, ja selbst die Null-Zins-Poli­tik der Zen­tral­ban­ken Inves­ti­tio­nen in alte Bran­chen nicht lukra­tiv erschei­nen lässt, blei­ben zwei Aus­we­ge aus die­ser struk­tu­rel­len Ver­wer­tungs­kri­se: die Spe­ku­la­ti­on auf den Finanz­märk­ten und ein neu­er, Gewinn ver­spre­chen­der Akkumulationszyklus.

Ers­te­res – also die Spe­ku­la­ti­on – bil­det Bla­sen, die in immer kür­ze­ren Abstän­den plat­zen – zuletzt 2008 – und des­halb hoch ris­kant sind. Ein neu­er Zyklus hin­ge­gen stellt einen mit­tel- bis lang­fris­ti­gen Weg aus der Ver­wer­tungs­kri­se des Kapi­tals dar. In der Geschich­te brach­ten sol­che struk­tu­rel­len Kri­sen bis­her immer neue Leit­sek­to­ren in Ver­bin­dung mit bestimm­ten Tech­no­lo­gien, Antriebs­sys­te­men und Arbeits­re­gi­men her­vor. Die Arbeits­kräf­te sowie jene Unter­neh­mer, die der »schöp­fe­ri­schen Zer­stö­rung« der jeweils neu­en Kapi­tal­ak­ku­mu­la­ti­on zum Opfer fie­len, sahen sich sozia­len Ver­wer­fun­gen aus­ge­setzt, die dem kapi­ta­lis­ti­schen Wirt­schafts­mo­dell seit je imma­nent sind; dazu kamen zuletzt kul­tu­rel­le und öko­lo­gi­sche Stö­run­gen, die die Gesell­schaft als Gan­zes bedrohen.

Ein ers­ter sol­cher soge­nann­ter »Kondratieff«-Zyklus, benannt nach dem rus­si­schen Öko­no­men Niko­lai Kond­ra­tieff (1892−1938), brach­te in den 1780er-Jah­ren das Fabrik­sys­tem mit tex­ti­ler Mas­sen­pro­duk­ti­on her­vor. Es folg­ten die Zeit­al­ter der Eisen­bahn (mit ihrem Höhe­punkt in den 1870ern), der Elek­tro- und Nah­rungs­mit­tel­in­dus­trie (1910er), des Auto­mo­bils und der Petro­che­mie nach dem Zwei­ten Welt­krieg und der IT-Bran­che in den 1990ern.

Nun scheint sich ein neu­er Kon­junk­tur­zy­klus mit Inves­ti­tio­nen in kyber­ne­ti­sche Sek­to­ren Bahn zu bre­chen. Dabei geht es um Steue­rung und Selbst­op­ti­mie­rung mit Hil­fe neu­er Tech­no­lo­gien wie der Künst­li­chen Intel­li­genz, Nano- und Bio­tech­nik. Die Her­stel­lung eines neu­en Wachs­tums­zy­klus zwecks Über­win­dung einer tie­fen Kri­se der Kapi­tal­ver­wer­tung benö­tigt – wie immer in der Geschich­te – eine enge Alli­anz von Kapi­tal und Staat. Und genau die­se for­mier­te sich rund um das Gesund­heits­re­gime im Zuge der Coro­na-Kri­se, das die Phar­ma­in­dus­trie zu einer der neu­en Leit­bran­chen prädestiniert.

Exem­pla­risch vor­ge­führt wur­de die­se enge Part­ner­schaft von der zukünf­ti­gen Hege­mo­ni­al­macht Chi­na Anfang des Jah­res 2020. Im Umgang mit dem Coro­na-Virus ließ die Füh­rung in Peking gan­ze Mil­lio­nen­städ­te abrie­geln und roll­te lan­des­weit ein per App zwangs­in­stal­lier­tes Kon­troll­sys­tem aus, das jeden Men­schen einer digi­ta­len Zugangs­kon­trol­le für öffent­li­che Ein­rich­tun­gen unter­wirft. Nur wenn der Gesund­heits­code auf dem Han­dy den grü­nen Punkt zeigt, darf man sich am gesell­schaft­li­chen Leben betei­li­gen. Da jeder Mensch mit die­sem Sys­tem aus­ge­stat­tet sein muss und selbst als Bewe­gungs­mel­der (neben Mil­lio­nen von Kame­ras) fun­giert, kann sich die Far­be des eige­nen Gesund­heits­codes bei­spiels­wei­se auf dem Weg zur U‑Bahn ändern, wenn man neben einer als erkrankt defi­nier­ten Per­son für kur­ze Zeit zum Ste­hen gekom­men ist. In einem sol­chen Fall wird einem die Benut­zung der U‑Bahn ver­wehrt. Die­ses Gesund­heits­punk­te-Sys­tem, wie auch die fall­wei­se Abschot­tung von Städ­ten, wur­de im Übri­gen nach dem Abklin­gen der Pan­de­mie aufrechterhalten.

Ver­gli­chen mit dem indus­tri­el­len Akku­mu­la­ti­ons­mo­dell ändern sich im kyber­ne­ti­schen Zeit­al­ter auch die Aus­beu­tungs­struk­tu­ren, oder bes­ser gesagt: Sie wer­den erwei­tert. Zusätz­lich zur mensch­li­chen Arbeits­kraft sind nun auch Kör­per, Bewusst­sein und Erfah­rung Objek­te der Kapi­tal­ver­wer­tung und damit der Ausbeutung.

Die Lin­ke ist abgemeldet

Das Erschre­cken­de an der im Coro­na-Not­stands­re­gime sicht­bar gewor­de­nen Par­al­le­li­tät von wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen und dem Auf­bau poli­tisch-auto­ri­tä­rer Staats­struk­tu­ren ist das weit­ge­hen­de Feh­len lin­ker Kri­tik. Von der Sozi­al­de­mo­kra­tie links­wärts fin­den ihre füh­ren­den Köp­fe nichts Anstö­ßi­ges am kyber­ne­ti­schen Akku­mu­la­ti­ons­mo­dell. Dies ist einer­seits dem Ver­ken­nen der Funk­ti­on des Aus­nah­me­zu­stan­des geschul­det und ande­rer­seits der Ein­schät­zung, es han­de­le sich beim Coro­na-Regime um Maß­nah­men, die zum Woh­le der Volks­ge­sund­heit erlas­sen wer­den. Die Ein­schät­zung, der Umgang mit dem Virus könn­te als Instru­ment die­nen, um die oben beschrie­be­ne Ver­wer­tungs­kri­se zu über­win­den – wirt­schaft­lich im Sin­ne neu­er Leit­sek­to­ren mit neu­en Inves­ti­ti­ons­fel­dern und poli­tisch um zumin­dest Tei­le des Aus­nah­me­zu­stands zur Norm zu machen – ist in der Lin­ken nur mar­gi­nal vorhanden.

Das erstaunt umso mehr, als dass Kriegs­re­gime von Lin­ken in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten hef­tig (und zurecht) kri­ti­siert wur­den und dage­gen auch pro­tes­tiert wur­de; und zwar auch dann, wenn zu ihrer Recht­fer­ti­gung bei­spiels­wei­se im NATO-Krieg gegen Jugo­sla­wi­en der Schutz der koso­va­ri­schen Min­der­heit bezie­hungs­wei­se der Kampf gegen Slo­bo­dan Miloše­vić als Wie­der­gän­ger Adolf Hit­lers oder wenn im Afgha­ni­stan-Ein­satz die feh­len­den Frau­en­rech­te als Grün­de für die Inter­ven­ti­on ins Feld geführt wur­den. Die­se Behaup­tun­gen aus den Mün­dern von Prä­si­den­ten, Außen­mi­nis­tern und Kanz­lern wur­den kor­rek­ter­wei­se von Lin­ken als Pro­pa­gan­da und Ablen­kungs­ma­nö­ver ent­tarnt, um die dahin­ter­ste­hen­den wirt­schaft­li­chen und geo­po­li­ti­schen Inter­es­sen zu verbergen.

Beim Gesund­heits­re­gime rund um den nun bereits ein­ein­halb Jah­re andau­ern­den Aus­nah­me­zu­stand im Inne­ren unse­rer Gesell­schaf­ten las­sen sich vie­le vor­mals kri­ti­sche, wach­sa­me Geis­ter von angeb­lich heh­ren Moti­ven der Herr­schen­den täu­schen. Da unter­stel­len vor allem die Medi­en der kon­ser­va­tiv-libe­ra­len deut­schen Kanz­le­rin Ange­la Mer­kel oder dem Öster­rei­cher Sebas­ti­an Kurz, sie wür­den die Gesund­heit ihrer Bevöl­ke­rung über alles ande­re stel­len; und sogar der EU-Kom­mis­si­on wird ver­traut, wenn sie an einem neu­ar­ti­gen digi­ta­len Gesund­heits­pass bas­telt. Und das, obwohl jeder halb­wegs auf­merk­sa­me Beob­ach­ter der ver­gan­ge­nen EU-Poli­tik (und ihrer wil­li­gen Aus­füh­ren­den in den meis­ten Natio­nal­staa­ten) sich noch dar­an erin­nern muss, wie hart­nä­ckig über Jahr­zehn­te hin­weg Spar­maß­nah­men gera­de im Gesund­heits- und im Sozi­al­be­reich ein­ge­for­dert wur­den; Län­der wie Spa­ni­en und Ita­li­en haben die­se Art von »Gesund­heits­po­li­tik« im Zuge der Coro­na-Kri­se bit­ter zu spü­ren bekommen.

Die Idee, dass das Gesund­heits­ar­gu­ment nur vor­ge­scho­ben sein könn­te, wird von vie­len als unge­heu­er­lich has­tig ver­wor­fen. Wobei allein ein Blick auf die Prak­ti­ken der Phar­ma-Kon­zer­ne genü­gen wür­de, um zu erken­nen, dass es dort nicht um die Volks­ge­sund­heit, son­dern ums Geschäft geht. So wie der mili­tä­risch-indus­tri­el­le Kom­plex für sei­nen Ein­satz die Siche­rung von Frie­den und Demo­kra­tie nur recht­fer­ti­gend im Mun­de führt, wird im Bereich von Big Phar­ma mit allen Mit­teln gear­bei­tet, um zum geschäft­li­chen Erfolg zu kommen.

Weil die Phar­ma-Rie­sen im Durch­schnitt nur 10 % ihres finan­zi­el­len Auf­wan­des für die For­schung ver­wen­den – für die Grund­la­gen­for­schung ste­hen öffent­li­che Gel­der zur Ver­fü­gung –, bleibt genug übrig für das Wer­be- und Bestechungs­bud­get. Die­se Tat­sa­che fin­det in der aktu­el­len Aus­ein­an­der­set­zung mit den Hin­ter­grün­den unse­rer Mise­re kei­ner­lei Nie­der­schlag, und gilt in den Main­stream-Medi­en als Verschwörungstheorie.

Noch vor weni­gen Jah­ren war die viel gefähr­li­che­re Ver­schwö­rungs­pra­xis im Bereich der Phar­ma­un­ter­neh­men Gegen­stand von Recher­chen und Repor­ta­gen, auch in füh­ren­den Medi­en. So sen­de­te das ZDF-Maga­zin »Fron­tal 21« im Jahr 2008 die Repor­ta­ge »Das Phar­ma-Kar­tell – Wie Pati­en­ten betro­gen wer­den«. Wer sich die­sen Film heu­te ansieht, ver­steht viel über den aktu­el­len Aus­nah­me­zu­stand, die Impf­kam­pa­gne und war­um die anfäng­lich ahnungs­lo­se poli­ti­sche Kas­te ein Coro­na-Regime auf­ge­baut hat. Im ZDF-Maga­zin von 2008 geht es – nicht zufäl­lig – um die zwei US-Phar­ma-Rie­sen Pfi­zer und Lil­ly und wie sie in den deut­schen Markt für Anti­de­pres­si­va dräng­ten. Sie taten dies mit bra­chia­ler Gewalt. Stu­di­en, die über Neben­wir­kun­gen wie erhöh­tes Selbst­mord­ri­si­ko Auf­schluss gaben, wur­den hint­an­ge­hal­ten; Fach­zeit­schrif­ten mit als redak­tio­nel­le Bei­trä­ge getarn­ter Wer­bung über­schwemmt etc. etc.

Wo es aber rich­tig gru­se­lig in der ZDF-Repor­ta­ge wird, ist die Stel­le, an der der dama­li­ge Bun­des­mi­nis­ter für Ernäh­rung, Land­wirt­schaft und Ver­brau­cher­schutz eine soge­nann­te Posi­tiv­lis­te auf­le­gen woll­te, die die Kran­ken­kas­sen ver­pflich­ten soll­te, nur noch nach­weis­lich wirk­sa­me Medi­ka­men­te zu bezah­len. »Es kann nicht sein, dass eine Posi­tiv­lis­te danach bestellt wird, wer die stärks­te Lob­by hat, son­dern sie muss nach wis­sen­schaft­lich sau­be­ren Kri­te­ri­en gemacht wer­den und dies war (…) nicht mög­lich«, mein­te Horst See­ho­fer. Auf die Nach­fra­ge der Jour­na­lis­tin, ob dies hei­ße, dass die Phar­ma­lob­by gegen die Poli­tik so stark sei, dass der Bund die Posi­tiv­lis­te zurück­zie­hen muss­te, ant­wor­te­te der Bay­er knapp mit: »Ja. Das ist so seit drei­ßig Jahren.«

Wie kri­mi­nell die Machen­schaf­ten der Phar­ma-Unter­neh­men sind, wird dann noch in einem Inter­view der ZDF-Repor­te­rin mit Leon­hard Han­sen, dem dama­li­gen Chef der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung Nord­rhein klar. Er berich­tet dar­über, wie ein­zel­ne Vor­stän­de und Mit­ar­bei­ter der Kon­zer­ne ihm gedroht haben, nach­dem er die Ärz­te in sei­nem Ein­fluss­be­reich dazu ver­pflich­ten woll­te, immer das kos­ten­güns­tigs­te Medi­ka­ment zu ver­schrei­ben und auf Gene­ri­ka zu set­zen. Die Phar­ma-Indus­trie emp­fand das als Kampf­an­sa­ge und reagier­te mit Dro­hun­gen. »Das war für mich dann schon erschre­ckend«, sag­te Han­sen ins ZDF-Mikro­phon, »wie ein­zel­ne Vor­stän­de die­ser Fir­men wirk­lich jede Con­ten­an­ce ver­lo­ren haben und unver­hoh­len gedroht haben und Mitarbeiter
gesagt haben ›Pass auf, dass nicht irgend­wann ein Rei­fen vom Auto auf der Auto­bahn fliegt‹«.

Damals, 2008, ging es um den Markt für Anti­de­pres­si­va in Deutsch­land, heu­te um einen viel­fach grö­ße­ren Kuchen am Test- und Impf­markt weltweit.(1) Man kann natür­lich der Mei­nung sein, dass sich die Phar­ma-Indus­trie in den ver­gan­ge­nen zwölf Jah­ren voll­stän­dig gewan­delt und ihr Geschäfts­mo­dell dem Woh­le und der Gesund­heit der Völ­ker unter­wor­fen hät­te. Wer nur ihre Hoch­glanz­pro­spek­te liest, die Main­stream-Medi­en kon­su­miert und dem deut­schen Gesund­heits­mi­nis­ter zuhört, wird die­se Wand­lung vom Sau­lus und Pau­lus glau­ben; ein his­to­ri­sches Gedächt­nis und ein kri­ti­scher Blick auf die heu­ti­ge Wirk­lich­keit ver­bie­ten aller­dings eine sol­che Leichtgläubigkeit.

Besorg­nis und Hoffnung

Das Coro­na-Angst­re­gime mit sei­nen Test- und Impf­zwän­gen sowie sei­nen Aus­gangs- und Zugangs­be­schrän­kun­gen ist erschre­ckend schnell in die Köp­fe einer Mehr­zahl von Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ein­ge­drun­gen. So wie die Trieb­kraft dafür vom Kapi­tal und die Umset­zung von der Poli­tik aus­ge­gan­gen ist, sicker­te der als »neue Nor­ma­li­tät« pro­pa­gier­te Zustand in rasen­der Geschwin­dig­keit in Rich­tung gesell­schaft­li­cher Basis zu den mehr oder weni­ger ein­fa­chen Leuten.

Es herr­schen Angst und Miss­trau­en. Die­se Ent­wick­lung ist von allen die besorg­nis­er­re­gends­te. Wir ken­nen sie unter völ­lig ande­ren Vor­zei­chen aus faschis­ti­schen Regi­men, wenn von oben Ver­ord­ne­tes kri­tik­los unten nicht nur zur Kennt­nis genom­men, son­dern wei­ter­ge­tra­gen, ja ein­ge­for­dert wird. Die Fol­ge ist eine von Block­wart-Men­ta­li­tät durch­drun­ge­ne Gesell­schaft, in der die Denun­zia­ti­on all jener, die nicht mit­ma­chen, nicht dem Main­stream zustim­men, an der Tages­ord­nung ist. Soweit sind wir – den kri­ti­schen Geis­tern in vie­len Berei­chen sei es gedankt – im Som­mer 2021 noch nicht.

Wenn aller­dings der libe­ral-kon­ser­va­ti­ve bri­ti­sche Pre­mier Boris John­son den 19. Juli 2021 zum »Free­dom day« erklärt und um Null Uhr fast alle Maß­nah­men der Coro­na-Poli­tik auf­hebt, dann kommt der Gegen­wind bereits von unten. Abge­se­hen davon, dass Wales und Schott­land den Frei­heits­tag spon­tan ablehn­ten, sahen ihn einer Umfra­ge des Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tu­tes You­Gov zufol­ge 55 Pro­zent als »bedroh­lich und ver­früht« an und nur 31 Pro­zent der Bri­tIn­nen stan­den den Öff­nun­gen posi­tiv gegen­über. Der Druck auf die Gesell­schaf­ten, der durch öko­no­mi­sche Inter­es­sen und auto­ri­tä­re poli­ti­sche Maß­nah­men von oben auf­ge­baut wor­den war, strahlt nun von unten zurück. Das ist die schlech­te Meldung.

In Kennt­nis die­ser Tat­sa­che löst vor allem der auf EU-Ebe­ne (und dar­über hin­aus) aus­ge­roll­te Kon­troll­wahn gro­ße Besorg­nis aus. Der soge­nann­te »grü­ne Pass« ist als per­ma­nen­ter Auf­ent­halts- und Bewe­gungs­mel­der geplant. Die Basis dafür bil­det der QR-Code, also die »schnel­le Ant­wort« (»quick respon­se«), mit der sich der ein­zel­ne einer digi­ta­len Über­wa­chung aus­setzt. Vor­der­hand wird damit in Form einer Beweis­last­um­kehr der Trä­ger des QR-Codes gezwun­gen, sei­ne Gesund­heit bezie­hungs­wei­se das, was als »posi­tiv« oder »nega­tiv« bei Covid-19-Tes­tun­gen her­aus­kommt oder als Impf­sta­tus unter­stellt wird, zu protokollieren.

Ein­mal in Kraft getre­ten und gesell­schaft­lich akzep­tiert, ist die Erwei­te­rung der Kon­trol­le von Gesund­heits­da­ten um poli­ti­sche Will­fäh­rig­keit und Wohl­ver­hal­ten nur ein klei­ner tech­ni­scher Sprung. Und die Fra­ge wird sein, ob sich einer sol­chen, am chi­ne­si­schen Sozi­al­kre­dit­sys­tem ange­lehn­ten Total­kon­trol­le auch hier­zu­lan­de eine Mehr­heit der Men­schen fügen wird.

Anmer­kung

(1) Anfang August 2021 hob Pfi­zer im Lie­fer­ver­trag mit der Euro­päi­schen Uni­on den Preis für eine Impf­do­se von 15,50 Euro auf 19,50 Euro; Moder­na bekommt für sein Vak­zin 23 Euro pro Shot. (Die Pres­se vom 1. August 2021). Das deut­sche Kon­tin­gent aus dem EU-Impf­topf beträgt 165 Mil­lio­nen Dosen. Es geht um Milliardenbeträge.

Die­ser Text erschien zuerst in: Ull­rich Mies (Hg.):Schö­ne Neue Welt 2030. Vom Fall der Demo­kra­tie und dem Auf­stieg einer tota­li­tä­ren Ord­nungund wird hier mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors ver­öf­fent­licht. Beim Bei­trags­bild han­delt es sich um die Rekon­struk­ti­on der Fres­ke Alber­to Rive­ras Man, Con­trol­ler of the Uni­ver­se.

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